Die 4 apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung von Gottman

Der Psychologe John Gottman hat in seinen Forschungen rausbekommen, welche vier Verhaltensweisen eine Beziehung zerstören können. Damit du eine glückliche und lange Beziehung führen kannst, stellen wir die vier Beziehungskiller vor und geben dir Tipps, wie du sie vermeidest.

Lesedauer

Ca. 10 Minuten

Die Apokalypse kündigt den Weltuntergang an. Die vier apokalyptischen Reiter von Gottman sind nicht so dramatisch, sie kündigen „nur“ das Scheitern einer Beziehung an.

Wobei eine Trennung, vor allem wenn sie aus dem Nichts kommt, einer jeden Frau den Boden unter den Füßen wegziehen und dem Ende des Lebens gleichkommen kann.

Damit dir das nicht passiert, erfährst du, bei welchen vier Kommunikationsmustern und Verhaltensweisen deiner Freundin (oder deiner eigenen) deine Alarmglocken und Warnlichter angehen sollten.

Unsere Podcast-Folge zu „Richtig streiten“ inkl. der vier Apokalyptischen Reiter

1. Verallgemeinernde Kritik

Es ist ganz normal, dass es Meinungsverschiedenheit in der Partnerschaft gibt und man sich mal zankt. Probleme anzusprechen ist nicht das Thema, es geht darum, wie du sie kommunizierst.

Bei der Kritik werden Schuldzuweisungen gemacht, die auf die Persönlichkeit oder den Charakter der Partnerin abzielen. Also relativ grundlegende Eigenschaften eines Menschen.

Wenn Wörter wie „nie“, „immer“, „nur“ etc. fallen, ist das eine verallgemeinernde Kritik an der Partnerin. Denn nichts ist NIE, IMMER oder NUR so.

So können Sätze fallen wie:
„Nie machst du was für mich.“
„Alle anderen sind dir wichtiger als ich.“
„Nur wegen dir sind wir mal wieder zu spät dran.“
„Du sprichst immer so laut.“

Durch die Schuldzuweisung, Einbeziehung von Charakter- und Persönlichkeitseigenschaften und Verallgemeinerung ist es schwierig, konstruktive Lösungen zum Problem zu finden.

Die Kritik ist verletzend und keine Basis für gute Kommunikation.

Achtung: Verwechsle Beschwerde nicht mit Kritik. Eine Beschwerde ist im Gegensatz zur Kritik auf einen konkreten Vorfall bezogen, ist beschreibend und bezieht sich auf Gefühle und Bedürfnisse der Partnerin.

Lösung: Wandle deine Kritik in eine Beschwerde um und sende Ich-Botschaften.

(In Gottman’s Forschungen kam heraus, dass Frauen häufiger kritisieren und nörgeln. Haha… das hätte ich ihm auch ohne Wissenschaft sagen können.)

2. Verachtung

Mit Abstand der stärkste Beziehungskiller ist die Verachtung.

Bei der Verachtung werden die Werte der Partnerin nicht wertgeschätzt und es wird klar die Abneigung und Ablehnung gegenüber der Partnerin ausgedrückt.

Konkret äußert sich das in:

  • Zynismus, Sarkasmus („Das hast du ja mal wieder super gemacht!“)
  • abschätzigem Humor („Seit wann kannst du denn kochen?“)
  • Respektlosigkeit („Das ist ja mal wieder ne saublöde Aussage!“)
  • Verspottung („Heul nicht rum wie ne Memme!“)

Ebenfalls äußert sich die Verachtung mit Augenrollen, wenn die Partnerin etwas sagt oder tut.

Da frage ich mich ernsthaft, wieso jemand, der die Partnerin verachtet, mit ihr zusammen ist, und vor allem, woher das kommt. Immerhin war man mal in sie verliebt und fand sie ganz toll. Gottman meint, dass es dazu kommen kann, wenn mit der Zeit aus einer nicht gelösten Beschwerde eine Kritik wird.

Lösung: Eine Lösung zu finden ist ziemlich tricky, da die Grundprinzipien einer gesunden Beziehung gebrochen sind. Wenn schon eine Verachtung der Partnerin vorliegt, ist es ziemlich schwierig, da rauszukommen. Versucht miteinander zu reden, die Gefühle beider Parteien zu kommunizieren und eventuell zur Paartherapie zu gehen.

3. Rechtfertigung

Wann rechtfertigen wir uns? Wenn wir uns angeklagt, in die Ecke gedrängt, missverstanden fühlen. Meist ist es ein Resultat aus den ersten beiden Reitern, Kritik und Verachtung.

Sobald sich eine Partnerin rechtfertigen muss, sieht sie sich von ihrer Partnerin nicht verstanden. Also wird sie beschuldigt mit Sätzen wie „Du verstehst mich nicht“, „Du weißt gar nicht was bei mir los ist“. Sie weist somit ihre Verantwortung an einem Konflikt von sich.

Es fallen rechtfertigende Sätze die ein „ja, aber“ beinhalten. Wenn eine Partnerin also zu spät zur Verabredung kommt, wird sie mit einem „Ja, ich komme zu spät, aber ich hatte noch so viel zu tun auf der Arbeit“ reagieren. Das sind Ausreden, denn hätte sie es wirklich gewollt, hätte sie auch pünktlich sein können.

Rechtfertigung drückt ebenfalls aus, dass die beiden Partnerinnen sich nicht auf derselben Augenhöhe befinden.

Lösung: Hör auf, dich zu rechtfertigen. Da hilft mal wieder nur, das Gespräch zu suchen: Gehe also auf die Kritik oder Beschwerde ein und schaut euch gemeinsam an, was in Wirklichkeit dahinter steckt. Welche Wünsche und Gefühle sitzen tief und was muss getan werden, damit ihr beide wieder zufrieden und glücklich seid. Und wenn du einen Fehler gemacht hast, dann stehe dazu und versuche dich nicht mit Ausreden zu retten.

4. Mauern

Das Mauern bezeichnet den Rückzug und ist typischerweise der letzte apokalyptische Reiter. Das heisst, man hört auf zu kommunizieren, auf Konflikte einzugehen und geht in Alltagssituationen nicht mehr aufeinander ein.

Äußern tut sich das indem man abschaltet:

  • innerlich (z.B. man hört nicht mehr zu, ignoriert die Partnerin und schweigt einfach)
  • äußerlich (z.B. man verlässt den Raum oder wendet sich ab)

Die Hoffnung dabei ist, dass sich das Problem von alleine in Luft auflöst. Dass das Schwachsinn ist, sind wir uns bestimmt einig. Was passiert: Die Verbindung zur Partnerin geht vollkommen verloren.

Lösung: Als Sofortmaßnahme kannst du dir eine kurze Auszeit erbitten und einmal um den Block laufen, damit der Kopf wieder klar wird. Wenn das auf Dauer auch nichts bringt, kann wohl am besten eine dritte Person bei diesem Problem helfen. Dies könnte eine Freundin sein, die als Moderatorin fungiert. Ansonsten steht euch einem Besuch bei der Paartherapie nichts im Wege.

(Das Mauern wird meist von Männern praktiziert.)

Nerd-Alarm – Für alle, die es genauer wissen wollen

Das Lo..Lo..Love Lab von Dr. John Gottman

Die Forschung von John Gottman beschäftigte sich von Beginn an mit der Entdeckung zuverlässiger Verhaltensmuster, die glückliche von unglücklichen Paaren unterscheiden. Bereits in den 1970er Jahren begann er mit der Beobachtung von Paaren in seinem Labor. Seine Forscherkollegen waren zu der Zeit skeptisch, ob man in der Unterhaltung von zwei Menschen überhaupt etwas Zuverlässiges beobachten könne – nur ein einziger Mensch sei schon hyperkomplex. Aber dafür entwickelte Gottman so genannte Kodiersysteme, also eine Sammlung von beobachtbaren Verhaltensweisen (z.B. wendet sich ab, verschränkt die Arme), mit deren Hilfe er die Unterhaltungen dokumentieren und auswerten konnte. Und er fand, dass es bei einem Paar im Laufe der Zeit eine enorme Regelmäßigkeit gab (etwa 80% gleiche Verhaltensmuster in Konfliktdiskussionen, die 3 Jahre auseinander lagen!).

Und noch wichtiger: Unter anderem konnte er anhand der Verhaltensweisen  und sein Kollege Robert Levenson mit einer durchschnittlichen Genauigkeit von über 90% vorhersagen, ob ein Paar sich scheiden lassen wird. Dazu nutzten sie das Verhältnis von positiven zu negativen kodierten Verhaltensweisen, die vier Reiter der Apokalypse (Kritik, Abwehr, Verachtung und Mauern), physiologische Messungen (z.B. Herzrate) und ein von ihnen ausgearbeitetes Interview.

1986 errichtete John Gottman mit seinen Kollegen ein neues Labor an der Universität von Washington, das von den Medien als ***Love Lab*** bezeichnet wurde. Dort fand er noch ein zweites dysfunktionales Muster, den emotionalen Rückzug gegenüber dem Partner (z.B. kein Interesse, keine Zuneigung, kein Humor und keine Empathie). Jetzt konnten sie nicht nur vorhersagen, ob ein Paar sich scheiden lassen würde, sondern auch wann. Paare, die die Vier Reiter hatten, ließen sich im Durchschnitt 5,6 Jahre nach der Hochzeit scheiden, während emotional zurückgezogene Paare sich im Durchschnitt 16,2 Jahre nach der Hochzeit scheiden ließen.

Levenson und Gottman führten auch eine 12-jährige Studie über schwule und lesbische Paare durch, die sie 2003 in zwei Artikeln im ***Journal of Homosexuality*** veröffentlichten (yes, es gibt eine wissenschaftliche Zeitschrift nur über uns!). Die Studie zeigt, dass alle Paartypen – heterosexuell oder homosexuell – viele der gleichen Probleme und auch Wege haben, zusammen glücklich zu bleiben. Jedoch hat die Forschung gezeigt, dass es auch einige Stärken (wie Humor und die Fähigkeit, sich während eines Streits zu beruhigen) gibt, die besonders bei gleichgeschlechtlichen Paaren von Bedeutung sind.

Wenn du noch mehr über seine Forschung wissen willst, hier ist ein Link zur Webseite des Gottman Institut, das auch Coaching und Trainings für Paare anbietet: https://www.gottman.com/

Fazit und Zusammenfassung

Dass es in der Partnerschaft zu Konflikten kommt ist ganz normal. Die Frage ist nur, wie man mit ihnen umgeht und wie man miteinander kommuniziert. Das hat sich der Psychologe John Gottman genauer angeschaut und ist dabei auf vier Verhaltensweisen gekommen, die eine Beziehung, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, zerstören.

Die vier sicheren Anzeichen dafür, dass die Beziehung scheitern wird sind:

  1. Kritik
    Verhalten und Denkweise der Partnerin kritisieren, Anschuldigungen
  2. Verachtung
    Abneigung und Ablehnung der Partnerin
  3. Rechtfertigung
    Leugnung von eigenen Anteilen am Konflikt
  4. Mauern
    Komplette Abbruch der Kommunikation

Nimm sie dir zu Herzen und sobald sich diese Kommunikationsmuster bei euch abzeichnen, versuche mit deiner Freundin offen darüber zu reden. Wenn ihr beide eine Trennung verhindern möchtet, wäre es eventuell hilfreich professionelle Unterstützung zu holen.

In diesem Sinne: Passt auf euch auf und geht respektvoll miteinander um.

Jasna

Wenn du an deine letzte Beziehung denkst, welcher apokalyptische Reiter hat am meisten zur Trennung beigetragen? Oder war es vielleicht was ganz anderes?

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert